Tage der Orientierung
Die Tage der Orientierung richten sich an Schulklassen der Klassenstufen 8 und 9 aus dem Gebiet des Bistum Erfurt. Von Montag bis Donnerstag lernen die Schüler:innen dabei an einem anderen Ort, nämlich in einem unserer Bildungshäuser (Jugendbildungshaus St. Sebastian oder Jugend- und Erwachsenenbildungshaus Marcel Callo).
Die Themen legen sie selbst anhand unseres Portfolios fest. Ein besonderer Fokus liegt neben der inhaltlichen Auseinandersetzung auf der Förderung der Klassengemeinschaft während dieser Tage. MIt gemeinsamen Impulszeiten am Morgen und Abend werden die einzelnen Tage abgerundet.
Wenn eine Schulklasse Interesse an den Tagen der Orientierung hat, meldet sich die zuständige Lehrkraft mit Terminvorschlägen bei uns. Gemeinsam werden einen Zeitraum festgelegt und die Themenschwerpunkte mit der Klasse erarbeitet. Die inhaltliche Vorbereitung und Umsetzung der Lerneinheiten werden von uns übernommen, die Organisation liegt bei den zuständigen Lehrkräften.
Als Teil der Gesellschaft trägt auch die katholische Kirche Mitverantwortung für Staat und Gesellschaft. Die Kirche und alle Gläubigen haben den Auftrag, ratsuchende Menschen zu unterstützen und zu begleiten. Deshalb bietet der Bereich Kinder und Jugend im Seelsorgeamt des Bistums Erfurt seit 1992 regelmäßig "Tage der Orientierung" für Schüler:innen aus Thüringer Regelschulen an.
Bei "Tagen der Orientierung" werden junge Menschen in Sinn- und Lebensfragen begleitet, erhalten Orientierungshilfen für ihren weiteren Lebensweg und kommen mit christlich motivierter Jugendarbeit in kirchlicher Trägerschaft in Berührung.
Auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes werden Fragen thematisiert, die Jugendliche beschäftigen. Dabei erhalten sie Informationen und erarbeiten sich Handlungsstrategien zur Bewältigung anstehender Lebensaufgaben. Die Teilnehmenden erleben ein Angebot, bei dem Interesse an weiteren Angeboten der christlichen Jugendpastoral geweckt werden kann.
"Tage der Orientierung" erweitern neben schulischem Alltag und verschiedensten Formen der Freizeitgestaltung den Erlebnishorizont der Schüler:innen. Bei thematischen Einheiten und gemeinsam gestalteten Ergänzungsangeboten wird die Lebenswelt der Jugendlichen in den Blick genommen. Den Schüler:innen werden für die Lebensbewältigung Bausteine angeboten, die deren Erfahrungen in Schule, Elternhaus und Peergroup ergänzen.
"Tage der Orientierung" sind ein unterrichtsergänzendes Angebot im Sinne eines Schullandheimaufenthaltes. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind grundsätzlich durch die Richtlinien des Thüringer Kultusministeriums für Schülerfahrten, Unterrichtsgängen, Schulwanderungen, Schullandheimaufenthalten und Studienfahrten, veröffentlicht im Amtsblatt des Thüringer Kultusministeriums und des Thüringer Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Nr. 2/1993, S. 21-23, geregelt.
Die Seminare sind eine schulische Veranstaltung. Die Genehmigung zur Durchführung des Unterrichts außerhalb der Schule erteilt die jeweilige Schulleitung. Darüber hinaus ist die Zustimmung der Schulkonferenz erforderlich.
Der Bereich Kinder und Jugend im Seelsorgeamt des Bistums Erfurt ist Bildungsträger bei „Tagen der Orientierung“. Er vergibt die Termine an die Schulen und beauftragt Referent:innen, um die pädagogische Planung zu übernehmen. Diese erstellen für Lehrkräfte und Schüler:innen ein Informationspaket und stehen ihnen für inhaltliche und organisatorische Absprachen zur Verfügung.
Die beauftragten Referent:innen des Bereichs Kinder und Jugend gestalten die Seminare in den Tagungshäusern und erstellen das Programm für die "Tage der Orientierung". In ihrem Aufgabenbereich liegen Entscheidungen zu Art und Weise der Durchführung des Angebots.
Eine Unterstützung durch den Bereich Kinder und Jugend von Schüler:innen, Eltern und Lehrkräften bei der Nachbetreuung ist, falls gewünscht, möglich. Zudem können Kontakte zu christlichen Einrichtungen mit Angeboten für Jugendliche im Sozialraum der Schule vermittelt werden.
In Verantwortung des Bereichs Kinder und Jugend liegt neben der pädagogischen Planung und Durchführung ebenso die Finanzierung des Angebots. Die "Tage der Orientierung" werden zum wesentlichen Teil durch die Bistümer Erfurt und Fulda finanziert.
Auf der Basis der Leitmotive haben "Tage der Orientierung" folgende Ziele:
- Unterstützung der Jugendlichen bei anstehenden Lebensentscheidungen, um inhaltliche und personale Hilfestellung zu geben;
- Erleben eines sich von der alltäglichen Lebenssituation unterscheidenden positiv wahrnehmbaren Erfahrungsraums, um die Motivation für ein gelingendes Leben zu fördern;
- Stärkung des Selbstvertrauens und Förderung von Lebensvisionen der Schüler:innen, um einen Gegenentwurf zu Resignation, Frustration und Ausweglosigkeit aufzuzeigen;
- Verbesserung der Beziehungen innerhalb der Klasse und zwischen Schüler:innen und Lehrerkräften, um positive Effekte für das weitere schulische Lernen zu erreichen;
- Förderung des sozialen Verhaltens in einer Gruppe, um Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit und gegenseitige Rücksichtnahme zu stärken sowie Konfliktlösungsstrategien kennenzulernen;
- Erleben von kirchlicher Jugendarbeit, die durch getaufte, engagierte und ansprechbare Mitarbeitende geprägt ist, um dadurch die Freude an der Botschaft des Evangeliums zu wecken oder neu zu beleben.
"Tage der Orientierung" sind ein Angebot für Schüler:innen ab der 8. Klasse aller Schularten. Der Fokus liegt aber auf für Schüler:innen der 9. Klassen der Thüringer Regelschulen. Dieses Lebensalter ist bei dem überwiegenden Teil der Jugendlichen durch erhebliche psychische und soziale Veränderungsprozesse geprägt. So nimmt die Bindung zur Peergroup zu, während die Bindung an die Herkunftsfamilie stetig abnimmt. Insbesondere Schüler:innen, die kurz vor Beendigung ihrer schulischen Ausbildung stehen, sind gefordert, eine Perspektive und Lebensaufgabe für die Zeit nach der Schule zu finden. Zentrale Lebensaufgaben wie Identitätsbildung und Berufswahl, Schulabschluss und Ausbildungsbeginn sowie erweiterte Nutzungsmöglichkeiten von Freizeitangeboten werden ab diesem Alter für den Lebensalltag bestimmend. Durch diesen Wandel der Lebenswelt eines jungen Menschen treten Fragen auf und werden Antworten gesucht.
- Prinzip der Freiwilligkeit
Die Schüler:innen können sich freiwillig für das Angebot entscheiden; d.h. die Schüler:innen werden nicht zur Teilnahme verpflichtet. Dazu sollten sie die Möglichkeit haben, ihrer Schulpflicht neben "Tagen der Orientierung" entweder mit Unterricht in anderen Klassen oder mit alternativen Angeboten wie Projekttagen an der Schule oder Zusatzpraktika in Unternehmen nachzukommen. Damit es nicht zu "Scheinfreiwilligkeiten" kommt, muss dieses Prinzip vorab mit den betreffenden Lehrkräften abgesprochen werden.
- Prinzip der Partizipation
Die Schüler:innen werden in die Ablaufplanung der Seminare einbezogen. Mit Hilfe von den Lehrkräften zur Verfügung gestellten standardisierten Fragebögen wählen die Schüler:innen die Inhalte der thematischen Einheiten aus. Ihre Erfahrungen, Ideen und Gedanken sind tragende Elemente der Seminare, insbesondere der thematischen Einheiten. Daneben können sie im rechtlich und organisatorisch verbleibenden Verhandlungsspielraum Absprachen zum Ablauf und zu Regeln für das Seminar treffen.
- Reflexion
Am Ende des Angebots steht eine Auswertungsrunde, bei der das gesamte Seminar betrachtet und eventuell weiterführende Angebote angedacht werden. Die Schüler:innen geben damit Anhaltspunkte zur Qualitätssicherung der "Tage der Orientierung".
- Offenheit
Die Seminare sind eine Einladung an Schüler:innen unabhängig von deren Religions- und Konfessionszugehörigkeit.
"Tage der Orientierung" können in der Regel bis zu 30 Schüler:innen einer Klasse mit ihren begleitenden Lehrkräften nutzen. Die Seminare beginnen jeweils Montagnachmittag (14:00 Uhr) und enden Donnerstagmittag (13:00 Uhr). Die Seminare finden in einem kirchlichen Jugendbildungshaus statt: im Jugendbildungshaus St. Sebastian in Erfurt oder im Jugend- und Erwachsenenbildungshaus Marcel Callo in Heiligenstadt.
Die verantwortliche Lehrkraft ist für die Anmeldung der teilnehmenden Schüler:innen zuständig und Kontaktperson für die vom Bereich Kinder und Jugend beauftragten Referent:innen. Sie steht diesen für klassenspezifische Fragestellungen zur Verfügung.
Sie erhält des Weiteren per Post oder Email ein Informationspaket, mit welchem sie das Konzept der "Tage der Orientierung" näher kennen lernen kann. Mittels des zur Verfügung gestellten Materials können sich Lehrkraft und Schüler:innen gemeinsam auf die Veranstaltung vorbereiten, das Schwerpunktthema für die Tage wählen und Wünsche für die Tage formulieren. Diese Informationen übermittelt die Lehrkraft den beauftragten Referent:innen an Hand von vorgegebenen Fragebögen. Damit können die Referent:innen die Interessen und Erwartungen der Schüler:innen und Lehrkräfte kennenlernen und gezielt das Programm abstimmen.
Wichtig für das Gelingen der "Tage der Orientierung" ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und durchführenden Referent:innen. Diese findet vor allem im Rahmen des Vorgesprächs per E-Mail, eventuell täglichen Lehrkraftgesprächen sowie innerhalb informellen Zusammenseins zwischen Lehrkräften und Referent:innen statt.
Den begleitenden Lehrkräften obliegt die Aufsichtspflicht für die teilnehmenden Schüler:innen außerhalb der thematischen Einheiten sowie im Freizeit-, Abend- und Nachtbereich. Bei gegebenenfalls auftretenden Problemen und Konflikten suchen sie gemeinsam mit den Referent:innen eine Lösung.
Auf Wunsch oder bei Bedarf informieren die Referent:innen die Lehrkräfte und Begleitpersonen gerne über Methoden und Prozesse innerhalb der Gruppe. Vertrauliche Informationen aus der Gruppe werden nicht weitergegeben. Die Lehrkräfte und Begleitpersonen können an den Arbeitseinheiten teilnehmen, wenn dies die Klasse einstimmig wünscht. Es hat sich jedoch eine Arbeitsweise ohne Lehrkräfte bewährt. Erfahrungsgemäß entsprechen Schüler:innen in Anwesenheit ihrer Lehrkräfte ihren schulischen Rollen. Mit einem unbekannten Team bietet sich ihnen die Chance, sich selbst und neue Rollen auszuprobieren.
Die Ziele der "Tage der Orientierung" sollen durch verschiedene inhaltliche Bausteine erreicht werden. Diese sind:
- Thematische Einheiten - Bildungsteil
In von den Schüler:innen selbst gewähltem Themenbereich werden anstehende Lebensentscheidungen betrachtet, Informationen gegeben und Fragen aufgeworfen, die zum weiteren Nachdenken anregen sollen. Aus folgenden Inhalten können die Jugendlichen ein Thema wählen:
- Beziehungen: Was heißt "Beziehung" und welche Arten von Beziehungen gibt es? In welchen Beziehungen lebe ich und warum?
- Gewalt: Welche Formen von Gewalt gibt es und wie entstehen sie? Wo beginnt Gewalt (für dich)? Was sind konstruktive Alternativen zu Gewalt?
- Lebenssinn und Zukunft: Wie sieht ein sinnerfülltes Leben aus? Wie will ich leben und welche Spuren will ich hinterlassen?
- Meinung: Wie tolerant bin ich gegenüber Andersdenkenden? Wie kann ich mir meine Meinung bilden und diese vertreten?
- Stärken und Schwächen: Wie lassen sie sich einsetzen? Was will ich mit ihnen (im Beruf) erreichen? Was genau sind meine Stärken und Schwächen?
Die methodische Ausgestaltung der thematischen Einheiten ist dem jeweiligen Referent:innen überlassen. Dabei wird die Vielfalt personellen Angebots durch verschiedene Charaktere und Fähigkeiten der Referent:innen genutzt.
- Gemeinschaftserfahrungen
Zu diesem Bereich zählen gemeinsame Abendgestaltungen (z. B. Kreativangebote, spielerische Aktionen, Bouldern, Eislaufen, Schwimmen, Bowling), Vertrauens- und Kooperationsübungen sowie Morgen- und Abendrunden. Durch diesen Baustein soll der Erfahrungsraum während des Seminars möglichst positiv gestaltet werden. Weiterhin werden verschiedene Möglichkeiten zum Austesten von Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schül:innen gegeben, die Beziehungsebenen innerhalb der Klasse sowie zwischen Schüler:innen und Lehrkräften werden positiv beeinflusst und soziales Verhalten in der Gruppe wird geübt.
- Zeiten der Stille und der Selbstbesinnung
Durch diese Zeiten erhalten die Jugendlichen die Chance, Dinge auszuprobieren, die im Alltag eher selten anzutreffen sind. Mit Geschichten zum Nachdenken und anderen entspannenden Elementen wird ein ruhiger Bereich inmitten eines aktionsreichen Seminars geschaffen. Den Jugendlichen wird die Erfahrung von Ruhepunkten und deren Bedeutung für ihr weiteres Leben bewusst.
- Gemeinsames Essen
Die regelmäßigen Mahlzeiten in den Vollversorgungshäusern dienen der Einübung von gemeinschaftlichem Verhalten und Tisch- bzw. Esskultur. Sie ermöglichen niederschwellige vertiefende Gespräche zwischen Schüler:innen, Lehrkräften sowie Referent:innen und helfen, die Seminartage zu strukturieren.
- Freizeitbereich
Diese Zeiten können zum Beziehungsaufbau zwischen Schüler:innen, Lehrkräften und Referent:innen genutzt werden. Hier können die Referent:innen neben den sonstigen Bausteinen als Ansprechpersonen für die Jugendlichen zur Verfügung stehen. Bei vielfältigen Gesprächen besteht die Möglichkeit, alltägliche Lebenssituationen zu thematisieren.
Das Angebot "Tage der Orientierung" wird zentral im Bereich Kinder und Jugend im Seelsorgeamt des Bistums Erfurt koordiniert. Als hauptverantwortliche Referent:innen für die pädagogische Planung, Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von "Tagen der Orientierung" stehen hauptamtliche Mitarbeitende zur Verfügung. Diese werden teilweise durch Honorarkräfte und Praktikant:innen unterstützt.